Autobiographie III

Autobiographie III

»Es ist möglich, den Motor bei Ausfall des Starters oder der Bordelektrik mit einer Kurbel zu starten.«
(https://de.wikipedia.org/wiki/GAZ-24_Wolga)

Gottfried Keller schrieb die Novelle: »Kleider machen Leute«. Er kannte das Auto noch nicht, denn Autos machen erst recht Leute.
Ein Wolga ist kein Auto, sondern ein Wagen. Damit fährt man nicht, sondern wird gefahren. Die meisten GAZ-24, wie vorher die meisten M21, kannte man aus dem Straßenbild als Taxis. Höhere Angestellte und Offiziere wurden mit dem Wolga gefahren. Privat war er nicht zu bekommen, jedenfalls nicht als Neuwagen.

Uns ging es freilich um einen Gebrauchten, der war schon teuer genug. Vater nutzte nun – 1981 – meines Wissens das einzige Mal seine connections. Er kannte den Generaldirektor des VEB Maschinenbauhandels, dort wurden unter anderem ausrangierte Fahrzeuge der bewaffneten Organe verkauft und so kamen wir zum Fahrzeug Nummer zwei.

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Ostern!

Ostern!

Vom Unsinn befreit sind Facebook und Twitter

Der alte Neuleerer in seiner Schwäche zieht sich etwas zurück. Die beste Gefährtin von allen braucht Zuwendung, die Kinder brauchen Erziehung, wir alle brauchen Ruhe.

Bitte alles noch mal von vorn lesen, weiterempfehlen, kommentieren!

Frohe Ostern!

Lesen!

Lesen!

Mein Name ist Lohse, ich schreibe ein Buch.

»Die Evolution hat mit der Schaffung der Leber ihr Meisterstück hingelegt – und dafür den vermutlich genialsten Bauplan der Welt geschaffen.«
(Quelle: siehe unten)

Manchmal ist es schon der Titel. Leben: Eine Biographie
Genial!
Richard Fortey schreibt nicht über ein Leben, sagen wir von Winston Churchill oder Dieter Bohlen, sondern über das Leben, von der ersten Zellteilung bis zum komplexen Wesen wie, sagen wir, Dieter Bohlen.

Auch der Titel Das Schweigen der Leber beansprucht die Aufmerksamkeit, einen Moment zu lange, um sofort übergangen zu werden, doch die Autoren, Ansgar W. Lohse und Ulf C. Goettges, kalauern nicht nur. Wir haben Bauchschmerzen, Kopfschmerzen und Zahnschmerzen. Es gibt viele Ursachen und dieses »viele« ist nicht mit drei zu multiplizieren; wir haben ja auch Herz und Lunge und außer den Zähnen noch die Zehen und die meisten von uns »haben Rücken«. Weiterlesen

Autobiographie, Teil II

Autobiographie, Teil II

»Wenn der Wagen mehr als 10 Tage außer Dienst ist, muß er so aufgebockt werden, daß die Reifen entlastet sind. Vorn müssen unter die Stützlaschen der Spiralfedern der Aufhängung Stützen gelegt werden, hinten unter die Gehäuse der Halbachsen der Hinterbrücke.«
Betriebsanleitung Wolga M21

Das erste Auto der Familie, an das ich auch Erinnerungen habe, kam 1977 in unseren Besitz.

Los ging es mit einer bescheidenen, sehr bescheidenen Erbschaft, die durch den Tod der Großmutter anfiel. Nun könnte man sich ja ein Auto, ein billiges Auto freilich, ein gebrauchtes und sehr billiges Auto, leisten. Nein, wir konnten es eigentlich nicht. Aber dem Vater, der ein Bein und einen beträchtlichen Teil seiner Gesundheit im Kriege verloren hatte, wurde das Laufen zunehmend beschwerlich, und er hatte viel zu laufen.
Vaters Kollege und Freund, der einige Male im Hause weilte, wurde zu Rate gezogen; er bot zweierlei Beistand an. Den ersten mit einer Wendung, die ich auch gern einmal benutzen würde. Er meinte, er sei »finanziell in eine etwas ungewohnte Situation gekommen«, könne also etwas aushelfen. Weiterlesen

Autobiographie, Teil I

Autobiographie, Teil I

»Da das modelltypische Ansauggeräusch extrem laut ist, schauten sehr viele Leute, an denen ich vorbeigefahren bin, hinterher.«
(Martin, https://www.akf-shop.de/blog)

Ich überlege immer noch, welches motorisierte Fahrzeug ich als mein erstes nennen sollte. Das erste von meinem Geld gekaufte? Das erste, das auf mich zugelassen war? Das erste, mit dem ich wenigstens einige Kilometer fahren durfte?

Wie ich den fünften Satz beginne, fällt mir ein erstes Mal ein.

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Autobiographie, Teil Null komma 5

Autobiographie, Teil Null komma 5

»Der F9 ist ein Wagen der Mittelklasse, der auf Grund seiner Konstruktionsmerkmale die Vorteile eines Kleinwagens hinsichtlich Wendigkeit und Wirtschaftlichkeit, aber auch die Fahrsicherheit und Bequemlichkeit eines Fahrzeuges von viel größerem Radstand aufweist.«
(Betriebsanleitung F9)

Was waren die Autos früher schön! Wird man das in fünfzig Jahren auch sagen, bezogen auf die Autos von heute? Wenn man die Frage nach den schönsten Autos der Welt in verschiedenen Sprachen stellt, bekommt man verschiedene Listen. Bei den britischen Antworten sieht man James-Bond-Autos, die russische Antwort erwähnt – конечно – den Tschaika (чайка – die Möwe); bei den Franzosen muss der Citroën DS dabei sein, alles andere wäre Vaterlandsverrat.

Stellt man die Frage auf italienisch …
Nein, italienische Autos sind immer dabei. Zu recht. Der Cinquecento ist aber auch ein allerliebstes Gefährt, kaum verändert über Jahrzehnte. Den Fiat 600 Multipla würde ich sofort kaufen.

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Vor einem grauen Haupt sollst du aufstehen. Und nun setz dich wieder, wir müssen reden.

Vor einem grauen Haupt sollst du aufstehen. Und nun setz dich wieder, wir müssen reden.

»Odd as the comparison may sound at first, it’s the same disservice that members of the Hogwarts community do by refusing to mention Voldemort’s name. By refusing to label him, they prevent an open and honest discussion from taking place about possible solutions.«
(Maajid Usman Nawaz; https://bigthink.com/videos/maajid-nawaz-on-the-voldemort-effect)

Mein Vater traf den Nagel. Nicht auf den Kopf und nicht den aus Eisen, auf den er zielte, sondern den vom linken Daumen und er sagte laut ein Wort.
Papa, das sagt man nicht.
Doch, beim Arbeiten darf man fluchen.
Ich war ein Kind. Weiterlesen

Von Menschen und Mäusen.

Von Menschen und Mäusen.

»Wir erzählen meist eine Reise, auf der wir etwas herausfinden wollen und an deren Anfang wir auch noch nichts wissen.«
(Armin Maiwald, Interview mit dwdl, 5.3.21)

Ich frage mich, ob die Macher der Sendung mit der Maus je das Wort kindgerecht benutzt haben. Ich bin sicher, es gibt keine Bildungsstandards oder Lernziele. Es gibt vorgelebte Neugier, der man nur folgen muss. Es gibt durchaus ein gewisses Gefälle an Wissen – »macht nichts, erklär ich euch«. Und so, wie Slapstick ohne Disziplin und Präzision nicht funktioniert, verdanken sich die Erklärfilme einem Aufwand, den man den Filmen auch nur mit Aufwand ansieht. Weiterlesen

Das Wochenende, nachdem Frau Mittenzwey das Internet wahrscheinlich nicht kaputt gemacht hat.

Das Wochenende, nachdem Frau Mittenzwey das Internet wahrscheinlich nicht kaputt gemacht hat.

»Denn plötzlich haben alle Zeit. Doch dann wird es richtig gemütlich, obwohl das Internet nicht funktioniert – oder vielleicht auch gerade deshalb.«
(Waschzettel zu Marc-Uwe Kling; Der Tag, an dem die Oma das Internet kaputt gemacht hat)

Kleine Geister würden sagen: Da sieht man mal wieder, wie abhängig wir doch von dieser Technik sind!
Ich sage es auch, denke aber darüber nach. Die beste Gefährtin von allen läuft etwas somnabul zum Rechner, um inhaltsleeren Blicks in den Bildschirm zu sehen. Das geht auch ohne Internet. Die Buben dürfen sowieso nicht an den Computer, bevor sie ihn brauchen, um ihre Promotionsurkunden einzuscannen. Der Herr Neuleerer hat fünf oder sieben Gerätchen, mit denen man papierlose Bücher lesen kann, trotzdem sind es meistens bedruckte Seiten, die ihm in der Wanne ins Wasser gleiten, wenn er zu tief über den Inhalt nachdenkt. Weiterlesen