
Kommt ein Arzt zum Mann und sagt: Komisch, meistens ist es umgekehrt.
Mir geht es nicht so gut. Ich kann kaum noch laufen. Mein Auto sagt, ich müsste mal auftanken. Das hatte ich vergessen; meine Jacke steckt noch im Kalender und seitdem weiß mein Kopf nicht mehr, wo ich bin.
Ohne Mensch bin ich nur eine halbe Brille, sagt meine Brille. Ach du lieber Mensch, sagt Gott. Die Lottozahlen haben zwar gewonnen, aber sie haben vergessen, mich zu tippen.
Das Leben sagt: Ich mach dir Beine, und nun fühle ich mich wie gerädert. Nein, ich bin gerädert. Ich rolle, habe das Getriebe im Sand und den Sand im Kopf.
Der Supermarkt fragt: Fehlt dir was? Ich sage, nein, da gibt er mir den Rest. Meine Haare wollen zur Friseuse, das dürfen sie aber nicht und ich frage mich, ob meine Frisur mehr leidet oder die Friseurin, die auch gern wieder Friseuse genannt werden möchte, wenn sie nur wieder frisieren darf.
***
Geh zur Schule, sage ich dem Jungen. Was redest du, sagt die Schule, ich komme zu dem Jungen. Und da ist sie nun, die Schule. Sie wedelt Arbeitsblätter auf den Esstisch, der Computer lockt mit Aufgaben, die Lösungen locken mit Punkten und die Punkte können umgewandelt werden in Spielgeld, welches natürlich nur am Computer eingelöst werden kann.
Die Jungen heißen jetzt alle Anton. Der Computer heißt nun auch Anton. Sein Familienname ist App. Anton App wohnt bei uns und spielt Schule. Nein, sagt Anton, ich bin die Schule.
Mein Anton spielt mit Anton und hat Sehnsucht nach Anton. Nicht Anton App, sondern Anton Meier. Der ist nicht so geduldig, aber auch nicht so langweilig und morgen heißt er nicht Anton Meier, sondern Jonas Schulz oder Klara Lehmann.
Anton Meier muss auch mit Anton App spielen, genau wie Jonas und Klara. Das ist kein Spiel, sagt die Lehrerin. Sie verteilt die Aufgaben und kontrolliert alles. Wie sie das macht, weiß man nicht. Sie sitzt in der Schule und weiß alles. Sie ist allein mit Anton, aber von der anderen Seite.
Ihr fehlt der Lärm.
***
Der Lärm wohnt nun bei mir. Er heißt Anton und spielt Jump ’n‘ Run. Das ging bisher ohne Computer. Ich hoffe, er verlernt es nicht. Leider ist er sehr laut.
Aber nicht jetzt. Es ist dunkel. Ich mach mir in der Stille einen Weinabend.
Und wenn ich genug geweint habe, sagt mein Kopf: Mensch hoch!
Meine Zähne putzen die Bürste, ich denke ein letztes Mal für heute: Was für eine verkehrte Welt!
Ich sehe, wie Frl. Corona ums Haus schleicht und denke: Hau bloß ab, du Miststück!
Und dann ist es wieder gut.
***
Morgen mache ich dem Jungen Beine, damit er in die Schule geht. Er muss nur die Treppe herunter, aber er muss hin. Er arbeitet seinen Stundenplan ab. Nicht App. Er nölt, wie es im Buche steht. Nicht im Schulbuch, denn das krakelt er voll. Ich überlasse es von Herzen gern der Lehrerin, ihn deswegen auszuschimpfen. Vielleicht lässt sie es auch. Das Buch kann man austauschen, meinen Anton nicht.
Das ist gut. Ich bin frisch betankt, es geht mir gut.
.
Ein schöner Text in einer Zeit, die aus den Fugen zu geraten scheint. Die Absurdität wird auf witzige Weise auf die Spitze getrieben.
Pingback: Raus aus den Pantoffeln, rein in die Pantoffeln | Neuleerers Blog