
Es gibt ein Problem im Verständnis zwischen Biologie und Soziologie, was Geschlecht bedeutet. In der Biologie ist es ein evolutionärer Fakt, dass es nur zwei Geschlechter gibt, das ist der aktuelle Stand der Wissenschaft, wie er auch an der Humboldt-Universität gelehrt wird. Geschlecht bezeichnet dort die Rolle, die ein Individuum bei der Fortpflanzung einnimmt. Evolutionär gibt es einfach zwei verschiedene Keimzellen, und daraus resultiert das, was wir männlich und weiblich nennen.
In Nicht-Naturwissenschaften wie Soziologie oder Genderwissenschaften gibt es andere Begriffe, die andere Dinge meinen. Und das ist in diesen Disziplinen wichtig und hat seine Berechtigung.
(Marie Luise Vollbrecht, WELT.de)
Angehende Juristen der Humboldt-Universität zu Berlin haben einen Vortrag zur Langen Nacht der Wissenschaften, der durch die Biologin gehalten werden sollte, verhindert.
Allem Anschein nach ist der sogenannte Referent_innenrat (gesetzlich AStA) ebenfalls involviert; er soll zum Protest gegen den »queer- und transfeindlichen Vortrag«, dessen Inhalt man noch gar nicht kannte, aufgerufen haben.
Ich habe mal nachgefragt.
Guten Morgen,
in verschiedenen Medien wird Ihr Referent_innenrat in Verbindung mit geplanten Protesten gegen einen Vortrag der Biologin Marie-Luise Vollbrecht gebracht.
Ich bin etwas erschrocken über die Wortwahl, die durchgesickert ist oder vielleicht nur aufgebauscht wurde.
Deshalb würde ich gern wissen, ob Sie tatsächlich in der Studentenschaft zu Protesten aufgerufen haben und wenn ja, in welcher Form.
Als Alumnus mit einem Diplom der HUB interessieren mich die Vorgänge an »meiner« Uni; zum Teil erregen sie meine Besorgnis.
Die HUB hat dreißig Nobelpreisträger hervorgebracht, überproportional viele (zwei Drittel) vor dem 10. Mai 1933.
Dieses Datum war eine Zäsur, Kultur und Wissenschaft haben sich danach in Berlin nur schwer wieder erholen können.
Ich würde gern glauben, dass Sie alles dafür tun, dass sich so etwas nie wiederholt, dass die Freiheit der Lehre und Forschung immer über politischen (Mode-)Strömungen und persönlichen Befindlichkeiten steht, dass Sie die Wissenschaft und die Wissenschaftler wissenschaftlich beurteilen, was bedeutet, dass Sie ihnen auch Irrtümer zugestehen.
Denn nichts anderes bedeutet Wissenschaft: Sich vom gegenwärtigen Irrtum zu befreien und den nächsten vorbereiten.
Wer meint, immer recht zu haben, hat niemals recht.
Mit humboldtschen Grüßen
Victor P. Habermann
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